Warum es denn mit dem Aufbau eines flächendeckenden Angebots von Datentreuhändern „nicht schneller ginge“, fragte mich neulich ein Parlamentarier – freundlich, aber doch mit Nachdruck.
Offensichtlich war er gut informiert. Der Begriff Datentreuhänder ging ihm leicht von der Hand. Auch schien ihm klar, dass das Thema schon in der letzten Digitalstrategie der Regierung Merkel Erwähnung fand, dass seine politische Bedeutung seither vielfach betont wurde, dass die EU darauf setzt. Vermutlich kannte er sogar die einschlägigen BMBF- und BMFTR-Förderlinien.
Und die Frage ist ja berechtigt: Europa sucht dringend nach Alternativen zur Plattformökonomie. Warum also gibt es nicht schon hunderte von Datentreuhändern? Warum sprießen sie nicht wie die sprichwörtlichen Pilze aus dem Boden?
Ganz unterschiedliche Antworten sind möglich. Ich legte mir das blitzartig zurecht. Man könnte darauf hinweisen, dass der Data Governance Act (DGA) als EU-Regulation, die das Thema gestalten soll, im Grunde noch nicht lange existiert. Seine Umsetzung ist noch im Gange. Es gibt auch Leute, die den DGA für unglücklich aufgesetzt halten: Datenvermittlungsdienste müssen viele Auflagen erfüllen, und ein Geschäftsmodell ist für Datentreuhänder schwer zu entwickeln – zumal „B2B“. Der DGA scheint eher für die Arbeit mit Bürger- und Behördendaten gemacht. In eine ganz andere Richtung ginge der Hinweis, dass Datentreuhandmodelle nicht allein etwas Technisches sind. Sie stellen vielmehr eine rechtlich und marktlich zu entwickelnde Innovation dar. Und jede Datendomäne funktioniert anders, was explorativ ertastet und erprobt werden muss. One size fits all passt hier nicht. Eine maßgeschneiderte Lösung setzt man zudem nicht einfach mal in zwei Jahren auf. Unterschätzen sollte man auch nicht die Risiken, die Marktakteure vor sich sehen, lassen sie sich auf eine noch ungewöhnlich wirkende Lösung ein. Die Datentreuhand braucht also Werbung oder vorsichtiger gesprochen: einen gewissen Bekanntheitsgrad. Und sie braucht insbesondere Rechtssicherheit – weswegen viele auf die ersten Vorbilder (und vielleicht auch Gerichtsurteile) warten.
Schließlich ist da noch ein gewisses Wirrwarr im Begriff, eine Vielfalt der Ideen, die sich mit ihm verbinden. Von daher ist Vieles noch in Erprobung. Und da mag es Treuhänder geben, die sich nicht so nennen, wie auch Unternehmungen, die sich gerne Treuhänder nennen, vielleicht aber gar keine sind.
Was also sage ich dem freundlichen Parlamentarier? Ich erläutere, dass es keineswegs nur um eine technische Umsetzung geht, sondern dass es gilt, eine marktliche Innovation ins Werk zu setzen. Ich weise auf die rechtlichen Klärungsbedarfe hin, auf das Mehrebenen-System der Umsetzung von Legislationen in der EU. Und lobe Politik und Öffentlichkeit sowie die vielen Datentreuhandprojekte für den erforderlichen langen Atem.
Was sich anschließt, ist ein gutes Gespräch. Dass Geschwindigkeit eine gefühlte Größe bleibt, gilt ebenso für das, worauf wir am Ende vertrauen: Gestaltungswissen und unternehmerische Phantasie.